Zur Entstehung des Stücks
Den ersten Anstoß, sich theatralisch mit der Thematik des Widerstandes
gegen Faschismus, speziell mit dem der Weißen Rose, und den Dingen gegen
die Widerstand zu leisten ist, auseinander zusetzen, gaben Olga Timochina und
Ikbal Kiliç (beide Schülerinnen des AMG`s). Im Zuge der Planung
eines, mittlerweile von der .... Stiftung prämierten Projektes, das unter
anderem die Einladung der renommierten Ausstellung über "die Weise
Rose und die Edelweißpiraten" an das AMG beinhaltete, sowie Diskussionsforen
und Vorträge von und mit Überlebenden der damaligen Widerstandsbewegung,
traten die beiden Organisatorinnen im letzten Jahr an die Theatergruppe Tam-Tam
heran, mit der Bitte, am Eröffnungsabend der Ausstellung einige wichtige
Etappen der Weißen Rose auf die Bühne zu bringen. Diesen Vorschlag
annehmend, entstanden teilweise kontroverse Diskussionen um Umsetzung und Umgang
mit einer solchen Aufgabe, zwischen uns und den Veranstaltern. Diese Dispute,
das Interesse an den Personen der Weißen Rose und ihrem Schicksal, wie
auch Ideen und Überlegungen zur Darstellung, die über den uns gegebenen
Zeitrahmen hinausführten, summierten sich nach dem Eröffnungsabend
der Ausstellung zum Gefühl innerhalb der Theatergruppe, das Thema in all
seiner Aktualität spielerisch nicht erschöpfend genug behandelt zu
haben. Es entstand der Wunsch sich auch weiterhin kreativ damit auseinander
zusetzen und ein Stück zu entwickeln, das uns, bzw. dem Publikum, Antworten
geben oder zumindest neue Fragen stellen könnte.
Dabei interessierte uns vor allem andern die Herangehensweise und Form einer
Problematisierung des Themas im Theater. Inwieweit sind Verherrlichung und Heldenverehrung
des Widerstandes im 3.Reich eine Ausrede für die eigene Hilflosigkeit im
Angesicht erstarkender rechtsradikaler Strömungen? Kann die Weiße
Rose unseren heutigen Widerstand ersetzen? Sind die alten Denkstrukturen wirklich
fast ganz aus Deutschland verschwunden? Wie groß ist die eigene Angst,
sich adäquat mit Faschismus auseinander zu setzen? Kann man sich mit dem
Singen hebräischer Lieder, mit Tanztheater, dem Anzünden von Kerzen
zufrieden geben und sich so selbst beruhigen oder betreibt man damit Verharmlosung?
Oder ist Angst dienlich und nötig, denn wie weit darf man sich und das
Publikum dem Faschismus ausliefern ohne eine Art faszinierendes Spiel mit dem
Feuer aufzuführen, ohne ein gefährliches und dummes Experiment zu
wagen? Wie gravierend die Unterschiede des jeweiligen Verständnisses dieser
Fragen und wie schwierig ihre Beantwortung sind, und wie wenig klar und glatt
die Umsetzung, mussten wir oft selbst erfahren. Beispielsweise war das Anschmieren
eines Hakenkreuzes, in einen negativen Kontext gesetzt, kein Problem für
die Gruppe, während das Singen eines H.J. Propagandaliedes, obwohl mit
Galgenhumor vorgetragen, zu einer geradezu ekelhaften Erfahrung wurde. Einen
ersten Ausschnitt des Stückes spielten wir im Januar im Tanzbrunnen und
folgten damit einer Einladung des Kölner Jugendringes und des Schulverwaltungsamtes.
Seitdem hat sich das Stück beständig ausgeformt und neugestaltet,
Bühnenbilder wurden entwickelt, die sich assoziativ mit dem Gespielten
verbinden sollten ,ein spannender Prozess der bis kurz vor der Aufführung
anhielt.
Markolf Naujoks
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