Bericht im Kölner Stadtanzeiger vom 29.5.2003
Reise durch die Epochen
Schüler gaben Kostproben ihrer Schauspiel-Kunst
Einblicke in das Theaterspiel, das einen festen Bestandteil des Schulalltags bildet, gewährte das Albertus-Magnus-Gymnasium.
VON HERIBERT RÖSGEN
Neuehrenfeld -Das Spiel mit Masken, Gesten und Rollen steht seit dem Schuljahr
2000/01 auf dem Lehrplan in den Theater-Medien-Klassen am Albertus-MagnusGymnasium
(AMG). Von der Jahrgangsstufe fünf bis 13 bilden Elemente der Schauspielausbildung,
aber auch Bühnenbau, Fotografie und Videofilmen einen Schwerpunkt in diesen
Klassen. Ein"Theaterfest" als Teil der Jubiläumsfeierlichkeiten
zum 125-jährigen Bestehen der Schule in der Ottostraße war daher
eine willkommene Gelegenheit, schulische Arbeit unterhaltsam darzubieten.
Auf dem Schulhof erhielten EItern und Angehörige Einblicke in die vielfältige,
Arbeit. Kurze Aufführungen boten den Fünft? und Sechstklässlem
die Gelegenheit, ein wenig Bühnenerfahrung zu sammeln. Ein bisschen Lampenfieber
war bei den meisten schon dabei. Weniger jedoch bei den teils schon jahrelang
agierenden Mitgliedern der Theater-Gruppe "Tam-Tam". 22 Jahre besteht
die AG unter Leitung von Roland Eschner. Zu diesem "kölschen Jubiläum"
bot sie eine selbst inszenierte Rückschau.
In ihrer"Öffentlichen Sezierung" wurde gewissermaßen das
Skalpell am klassischen Verständnis von Theater angesetzt. Texte aus verschiedenen
Epochen verschmolzen in einem Stück. Dokumentiert wurden somit die Entwicklung
der Gruppe, aber auch ihr Zweifel am Selbstverständnis. Keinesfalls leichte
Kost war dies. Die Erinnerung der Älteren an Stücke für Schul-Aulen
wie den "Sommemachtstraum","Die Physiker" oder"Die
Räuber" schien verstaubt und Generationen weit weg.
Die herkömmliche Zweiteilung in Bühne und Zuschauerraum war gänzlich
aufgehoben. Weder hob sich ein Vorhang, noch senkte er sich. Die Schauspieler
betraten wie Zuspätkommende die Aula, um unvermittelt ein Puzzlespiel aus
Proben und Ausprobieren, Infragestellen und Verwerfen zu beginnen.
Die Frage, was Theater eigentlich will, stand im Mittelpunkt. Die Figuren eines
Hausmeisters und eines Regisseurs standen als polarisierende Typen für
das traditionelle und das moderne Verständnis. Mit Textfragmenten von Goethe,
Tieck, Handke und Botho Strauß wurde eben dieser Bogen geschlagen. Dass
Handkes "Publikurnsbeschimpfung" als fast schon klassisch zu nennendes"revolutionäres
Theater"einen zentralen Bestandteil der Inszenierung bildete, überraschte
nicht, wenngleich man es nicht unbedingt von einer Schul-Theater-AG erwartet.
Doch immerhin hat das Albertus Magnus Gymnasium aus zwei Jahrzehnten AG-Tradition
heraus einen schulischen Schwerpunkt gebildet, der den eigenen Ansprach an Schülertheater
sehr hoch ansetzt. Die Theater AG entsprach diesem Maßstab mit ihrer"öffentlichen
Sezierung" voll und ganz. Ein ungeheures Textrepertoire wurde einstudiert.
Die außerordentliche Konzentration, die dieses schwierige Stück den
15 Schauspielern abverlangte" löste sich erst beim verdienten Schlussapplaus.